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Die Rheinpfalz vom 18. März 2013

Veröffentlicht am 18.03.2013 in AntiFa/Migration

Mit Kirchenglocken gegen rechte Parolen

EISENBERG: 15 Nazis rufen 150 Gegendemonstranten auf den Plan – Ministerin Conrad erneuert Forderung nach NPD-Verbot

Von Anja Benndorf

„Braun ist öde – Eisenberg ist bunt!“ Mit diesem Slogan haben sich am Samstag in der größten Stadt im Donnersbergkreis Vertreter aller demokratischen Parteien, der Kirchen und Religionsgemeinschaften, des Migrationsbeirats, der Naturfreunde sowie der Gewerkschaften einer NPD-Demo entgegengestellt. Auch die rheinland-pfälzische Europaministerin Margit Conrad und Bundestagsabgeordneter Gustav Herzog kamen.
Ein Banner mit besagtem Spruch wird quer über die kleine Fußgängerzone gespannt. Schon eine halbe Stunde vor der angemeldeten Kundgebung der Nazis mit dem Titel „Raus aus dem Euro“ sind in der autofreien Einkaufsmeile rund 150 Menschen versammelt. Sie stehen zwischen roten Schirmen der SPD, weiß-gelben Schirmen der CDU, blauen der FWG, grünen der Grünen, orangefarbenen der Linken und weißen der Kirche. „Schön bunt“, meint Herzog, „und das ist gut so.“ Conrad zeigt sich beeindruckt von der demonstrierten Geschlossenheit.Wo sind sie denn, gegen die man sich hier aus der Mitte der Gesellschaft heraus formiert hat? Es wird schon geulkt, dass sich die Rechten wohl nicht mehr her trauen. „Der Bus ist gerade angekommen“, klärt Verbandsbürgermeister Bernd Frey auf und deutet auf den Marktplatz. Vor der Sparkasse baut die NDP ihren Stand auf, beachtet nur vom Auge des Gesetzes.

„Die räumliche Trennung von Demo und Gegendemo war uns wichtig“, so Frey. Das versuche der Landkreis als Genehmigungsbehörde stets zu beachten, um die Gefahr einer Eskalation zu minimieren, sagt Sozialdezernent Fabian Kirsch, der in den letzten anderthalb Jahren auf fünf friedlich verlaufende NPD-Kundgebungen blicken kann.

„Wir werden hier nicht weichen, bis die wieder verschwunden sind“, stellt Bernhard Heise vom DGB-Ortsverband klar. „Am meisten tut mir weh, dass wir solche Demos genehmigen müssen“, verweist Landrat Winfried Werner darauf, dass die NPD nach Auffassung der Gerichte eine Partei wie jede andere sei. „Für mich führt nichts an einem Verbot vorbei“, knurrt er. „Wir haben keinen Millimeter Platz für die, weder in unserem Land noch in unseren Köpfen.“

„Alle 16 Bundesländer haben einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt, die NPD verbieten zu lassen“, erinnert Conrad an eine seltene Einigkeit im Bundesrat. Nun müssten der Bundesinnenminister und die Kanzlerin den Ländern zur Seite stehen, fordert sie. Man sollte konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln den Weg „Null Toleranz der Intoleranz“ verfolgen. In Rheinland-Pfalz habe die Präventionsarbeit gegen Radikalisierung einen hohen Stellenwert, „und die beginnt damit, dass junge Menschen eine Perspektive in der Gesellschaft haben“.

Den „Ungeist der braunen Mörderbanden“ könne man nur bekämpfen, wenn man etwas gegen die soziale Spaltung der Gesellschaft tue, sagt Helmut Schmidt, Vorsitzender des Kreisverbands Die Linke. Seine Ausführungen kommen allerdings nicht gut an. Es wird gepfiffen, als er erklärt, dass die Nazis nicht verantwortlich seien für die Agenda 2010, für Armut und für das Entsenden von Soldaten an den Hindukusch.

„Eisenberg war nie braun und wird nie braun“, verkündet Herzog. Über 50 Nationen hätten es in Eisenberg immer geschafft, friedlich zusammen zu leben, so Peter Funck, der für die FWG in Stadt- und VG-Rat sitzt.

Auf dem Marktplatz rücken derweil immer mehr „Nazis raus!“ grölende Gegendemonstranten den maximal 15 Ultrarechten auf die Pelle. Die Polizei schiebt die meist jungen Leute mit Kapuzenpullis sanft wieder zurück. „Wir müssen die Politiker austauschen bevor sie das deutsche Volk austauschen!“, brüllt Ricarda Riefling, Mitglied des NPD-Bundesvorstands, ins Mikrofon.

Dank der innerhalb eines Zeitraums von anderthalb Stunden durchgehend läutenden Glocken der katholischen Kirche und der Trillerpfeifen, Tröten und Trommeln aus der Spontanversammlung kann sie kaum gehört werden. Wütend kreischt sie: „Punker, CDU und SPD sind die wahren Verfassungsfeinde!“ Nach allen drei Strophen der Nationalhymne aus kratzigen Lautsprechern ziehen Riefling und ihre Kameraden wie geplant um Punkt 12 Uhr wieder von dannen.

Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Unterhaardter Rundschau
Ausgabe: Nr.65
Datum: Montag, den 18. März 2013
Seite: Nr.25
"Deep-Link"-Referenznummer: '91_9490483'
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