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Gedanken zum 1. Mai - von Tristan Werner

Veröffentlicht am 01.05.2021 in Aktionen

Nun schon zum zweiten Mal wird es ein ganz anderer erster Mai als wir ihn gewohnt sind. Keine Kundgebungen, keine Demonstrationen, auch kein geselliger Austausch bei den vielen Festen zum ersten Mai. Letztes Jahr waren wir noch alle guter Hoffnung, dass es das einzige Mal bleiben würde, dass die lieb gewonnen Traditionen zum ersten Mai ausfallen müssen. Doch die Pandemie hat uns nach wie vor fest im Griff, immer noch gilt die Devise: Anstand halten und wir halten uns daran.

Den Abstand zueinander nicht groß werden lassen, sollten dagegen die SPD und die Gewerkschaften und Betriebsvertretungen. Auch und gerade in Zeiten von Corona. COVID19 hat die bundesdeutsche Arbeitswelt verändert, wie kaum ein Ereignis zu vor und die Effekte, die mit dem Virus so plötzlich einhergingen, werden uns noch Jahrzehnte begleiten. Den Wandel der Arbeitswelt, zu moderieren und zu gestalten, das wird künftig die Hauptaufgabe von Partei und Gewerkschaften sein.

Noch vor einem Jahr, schien es für viele ungewohnt und eine einmalige Ausnahme zu sein: Die Arbeit aus dem Homeoffice heraus. Heute können und wollen es sich viele nicht mehr ohne vorstellen. Nicht nur werden ganze Tage und Wochen letztlich beim Pendeln im Berufsverkehr verlorene Lebenszeit ersetzt, auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Beruf und Ehrenamt wird einfacher. Gleichzeitig steht fest: Das Homeoffice hat sich bewährt, eine Vielzahl der konventionellen Bürojobs lässt sich ohne Qualitätsverlust auch von zu Hause aus erledigen. Vom Im-Garten-die-Füße-hochlegen sind die meisten Arbeitnehmer im Homeoffice weit entfernt, sondern genauso produktiv wie vor Ort. Das Recht auf Homeoffice - es muss und wird kommen. Jeder der möchte, sollte wenn es den eigenen Lebensentwürfen zu pass kommt, von zu Hause aus arbeiten dürfen, sofern es seine Tätigkeit zulässt - denn die Werkbank in den Privatbereich verlagern, das wird auch in Zukunft nicht möglich sein. Das Recht auf Homeoffice ist eine neue Lösung - neue Zeiten brauchen neue Lösungen und dafür steht die SPD.

Gleichzeitig muss verhindert werden, dass die Arbeitnehmer ihrer Firma "allzeit bereit“ zur Verfügung stehen müssen. Mit dem Recht auf Homeoffice, muss ein Recht auf Feierabend einhergehen, denn schon jetzt klagen viele in Heimarbeit tätige darüber, wie sehr es belastet, wenn Berufs- und Privatleben allzu sehr miteinander verschmelzen.

Die Pandemie hat die Art wie wir zusammenarbeiten verändert. Für eine zweistündige Besprechung aus der Pfalz nach Berlin oder Hamburg fahren - das war eigentlich schon immer, nicht nur unter klimaschutz- und reisekostentechnischen Aspekten Unfug. Nur hat es eben jeder so gehandhabt und niemand hinterfragt. Jetzt haben die digitalen Möglichkeiten zu Besprechungen gezeigt, dass es auch ohne geht. Aber: Damit die Zoomkonferenz läuft braucht es stabile Netze und gute Verbindungen. Und damit Homeoffice gerade im ländlichen Raum weiter gut möglich ist, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das setzt schnelles Internet und lückenlosen Mobilfunkempfang überall voraus. Hier befinden wir uns an der Schnittstelle von Arbeits- und Kommunalpolitik. Gute Infrastruktur schafft gute Arbeit - und umgekehrt.

Was viele Menschen derzeit in der Pandemie beklagen, ist das Gefühl von Perspektivlosigkeit. Unsichere Perspektiven kennt viel zu oft auch der Arbeitsmarkt. Wenn nach einer IAB-Studie mehr als ein Drittel der Neueinstellungen befristet vorgenommen werden, dann müssen bei denjenigen die es mit den Arbeitnehmern halten, die Alarmglocken schrillen. Gerade junge Menschen sind betroffen, von sachgrundloser Befristung und Kettenbefristung. Junge Leute wollen sesshaft werden, sich für sich und ihre Familien etwas aufbauen. Dafür braucht es Planungssicherheit, aber wer sich von Frist zu Frist hangelt, kann letztlich nur von Tag zu Tag planen. Familiengründung, Hausbau, all diese Kernelemente des Lebens sind dann ohne wirtschaftliches Risiko nicht möglich. Hier setzt Hubertus Heil an mit seinem jüngsten Entwurf zur Beschränkung der sachgrundlosen Befristungen. Sachgrundlose Befristungen nur noch für 18 Monate statt wie bisher für zwei Jahre. Innerhalb der Gesamtdauer soll nur noch eine einmalige, statt wie bisher dreimalige Verlängerung möglich sein. Alles Schritte in die richtige Richtung und für echte Perspektiven.

Im Laufe des Jahres werden wir die Pandemie sicher überwinden. Ich bin zuversichtlich, dass wir den nächsten ersten Mai wieder im gewohnten Maß begehen können. Hoffentlich müssen wir uns dann nicht über die Beschränkung von Mitwirkungsrechten und die Lockerung des Kündigungsschutzes unterhalten. Denn eins ist klar: Der neoliberal gesinnte Teil der Politik wird, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln nach Corona, mehr "Beinfreiheit" für die Arbeitgeber einfordern. Dem gilt es im Zusammenspiel zwischen Gewerkschaften und Politik entschieden entgegen zu treten. Bei der Bundestagswahl im Herbst kann man hier mit dem richtigen Kreuzchen schon mal ein Bollwerk zum Schutz der Rechte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen ein ziehen....